Melezitose – Was nun?

Geschätzte Vorarlberger Imkerschaft

Viele von euch haben die „Besonderheit“ der heurigen Waldtracht sicherlich schon bemerkt oder sind von erfahrenen Imkerkolleg: innen darauf aufmerksam gemacht worden. Der im Juni von unseren Bienen eingetragene Honigtau der Fichte bestand zum Großteil aus „Melezitose“.

Melezitose ist ein Dreifachzucker, der durch die Übertragung eines Moleküls Glucose auf ein Saccharosemolekül entsteht. Die bienenwirtschaftlich wichtigen Honigtauerzeuger produzieren unterschiedlich viel Melezitose. Wenig Melezitose, im Durchschnitt etwa 15 %, finden sich im Tannenhonigtau, deutlich mehr, über 30 %, dagegen im Fichtenhonigtau. Besonders viel Melezitose, über 50 %, enthält der Honigtau der Großen Schwarzen Fichtenrindenlaus Cinara piceae. Dieser sogenannte „Zementhonig“ kristallisiert innerhalb weniger Tage bereits in den Waben aus und lässt sich deshalb nicht schleudern.

Durch das „lausige“ (niederschlagsreiche) Frühjahr, entwickelten sich heuer die Fichtenrindenläuse – Rotbraune Bepuderte Fichtenrindenlaus Cinara pillicornis und Große Schwarze Fichtenrindenlaus Cinara piceae, vielerorts massiv!

Nahe zu jede Honigtautracht ist eine Mischtracht, an deren Entstehung mehrere Lausarten beteiligt sind. Im heurigen Waldtrachtjahr waren die genannten Fichtenlachniden die Hauptakteure und sind für den nicht, oder nur schwer schleuderbaren Melezitosehonig verantwortlich.

Unsere Erfahrung ist, dass in den Niederungen (Riedlandschaft) der Honig teilweise mit Blüteneintrag vermischt ist und sich weitgehend schleudern lässt. Auch in Weißtannenregionen mit Honigtaueintrag von der Grünen Tannenrindenlaus Cinara pectinatae lässt sich der eingetragene Honig schleudern. Dies ist leider die Ausnahme!

 Die üppige Darreichungsform des Honigtaus (Honigtaupfützen am Holz) der Großen Schwarzen Fichtenrindenlaus Cinarae piceae, überlagert zumeist alle anderen Honigtauangebote! Die Biene holt dort, wo es für sie am einfachsten ist, sowie am meisten zu holen gibt. Waagstock-Tageszunahmen von über 10 kg, wurden heuer beobachtet!

 Damit behielt vor allem diese „Melezitoselaus“ heuer die „Oberhand“.

 So ist heuer der Eintrag von Melezitose kein kleinräumig / regionales Problem, sondern betrifft nahezu das gesamte Ländle in einem massiven Umfang, welcher alle 10 – 12 Jahre zu beobachten ist! Auch aus den anderen Bundesländern und dem benachbarten Ausland wird von diesem Phänomen berichtet.

Sofortmaßnahmen während der Tracht

Der Bautrieb ist, während einer Melezitosetracht in der Regel sehr hoch und deshalb ist diese Zeit sehr gut geeignet, die Bienen als „Beschäftigungstherapie“ Mittelwände ausbauen zu lassen. Die dazu benötigte Energie beziehen sie aus dem Melezitosehonig. Diese neuen Waben können ungefüllt nach ein bis zwei Tagen als Reservewaben wieder aus den Völkern herausgenommen und später bei Trachtende zum „Umtragen lassen“ oder „Einfüttern“ wieder eingehängt werden.

Melezitosehonig in den Waben – wie weiter?

Bienen sind in der Lage, diesen Dreifachzucker abzubauen bzw. um zutragen. Der maximale Anteil an Melezitose liegt bei 10% – 21% Sättigung.  Jedoch benötigen die Bienen dafür Zeit und einen erhöhten Energieaufwand.

Ein weiterer Lösungsansatz ist bei Trachtlücken und schönem Wetter die Melezitosewaben entdeckelt und gut gewässert den Völkern über Boden unter den Brutraum zu untersetzen. Ein Absperrgitter verhindert, dass die Königin in diese Waben Eier ablegt und so ein neuer Brutraum entsteht.

Voraussetzung ist natürlich, dass über dem Brutraum ein idealerweise bereits teilweise ausgebauter Honigraum aufgesetzt ist, in den die Bienen dann den Melezitosehonig neu verarbeiten und einbauen können. In diesem Prozess wird der Honig neu aufgesplittet und verliert seine kristalline Eigenschaft.

Als Alternative kann der Honigraum mit den nassen Melezitosewaben auch auf den teils leeren Honigraum aufgesetzt werden. Für die Trennung der beiden Honigräume wird zwischen der „Melezitose-Zarge“ und dem bestehenden Honigraum eine dunkle Folie mit kleiner Öffnung gegeben. Die obere Zarge bekommt als Abschluss eine helle Abdeckung. Die Bienen werden die den Honig aus den Melezitosewaben in den dunklen unteren Honigraum um tragen.

Wie bereits erwähnt funktioniert dies nur bei Trachtlücken und bei Flugwetter, da die Bienen für die Aufbereitung der Melezitosewaben sehr viel Wasser benötigen.

Gewinnung von Melezitosehonig

Eine Möglichkeit Honig aus Melezitosewaben zu gewinnen ist, diese in Stücke zu schneiden und in einem Entdeckelungswachsschmelzer bei niedrigen Temperaturen den Honig schonend vom Wachs zu trennen.

Laboruntersuchungen zeigen, dass der HMF-Wert (Hydroxymethylfurfural Gehalt) von höchstens 40 mg/kg trotz kurzer Hitzeeinwirkung nicht stark beeinflusst wird. Daher kann der so gewonnene Honig nach einer erfolgten Laboranalyse, meist noch als Qualitätshonig vermarktet werden.

Um die Melezitosekristalle vollständig zu verflüssigen, würde es allerdings eine Temperatur von 131° Celsius benötigen, wobei dann diese Art von Honig nur noch als „Backhonig“ zu vermarkten und verwenden ist.

Eine weitere Variante der Honiggewinnung ist das Pressverfahren. Hierbei werden die in Stücke geschnittenen Honigwabenteile mittels eines Wachsextruders ausgequetscht und die gepresste Masse anschließend grob gesiebt und geklärt.

Dieser Honig schmeckt intensiver nach Pollen und Wachs, ist dunkler und getrübt. Sensorisch zeigt sich ein malziges, leicht sandiges Mundgefühl.

Nach IM Ing. Josef Niklas, Honigreferent des ÖIB, gibt es weiters die Möglichkeit, mit einem Drittel Blütenhonig und zwei Dritteln Melezitosehonig einen guten, schmackhaften und qualitativ hochwertigen Cremehonig herzustellen.

Natürlich ist auch die Direktvermarktung als Wabenhonig gegeben, der von den Kunden äußerst gut angenommen und geschätzt wird. Als Voraussetzung hierfür sollte das Wachs der Mittelwände aus Naturwabenbau beziehungsweise in Bioqualität – idealerweise natürlich aus dem eigenem Wachskreislauf!

Melezitosehonig schmeckt in der Regel sehr gut, ist nach wie vor ein sehr hochwertiger Qualitätshonig und so sollte dieser dem Kunden auch so angepriesen werden.

Nicht zu unterschätzen ist trotz des vermeintlich zähen Honigs der eher hohe Wassergehalt. Bei einem Anteil von über 17,5% lässt dieser den Honig schnell gären und wäre so nur noch als Backhonig zu veräußern.

Leider lässt sich die schnell fortschreitende Kristallisation und auch die leicht trübe Farbe des Honigs nicht vermeiden, was dem Kunden dementsprechend erklärt werden soll.

Werden diese Honige im Wasserbad oder Wärmeschrank verflüssigt, entsteht ein gewisser kristalliner Bodensatz. Daher wird ein schneller Verzehr des Honigs empfohlen.

Eine weitere Empfehlung von Josef Niklas geht auch in die Richtung der Herstellung von Met (Honigwein) und Essig.

Als Winterfutter ungeeignet!

 Der Melezitosehonig ist als Winterfutter vollständig ungeeignet. Bienen benötigen viel Wasser, um das Auflösen des kristallin gewordenen Zuckers zu bewerkstelligen. Zudem beeinträchtigt dieses ballaststoffreiche, schwer verdaulich Futter die Darmflora der Bienen. Bei langen Flugpausen über den Winter kann eine frühe Überlastung der Kotblasen daher in Verbindung mit kurzlebigen Bienen, Bewegungsstörungen und mit einer heftig auftretenden Ruhr, zu erheblichen Völkerverlusten führen.

Melezitosewaben können für das kommende Frühjahr als Futterwabe sehr gut verwendet werden. Zu beachten ist, dass die Melezitosewaben über den Winter hinweg kühl und hygienisch sauber aufbewahrt werden.

Von vielen Institutionen gibt es Handlungsempfehlungen. Anbei sind einige LINKS zu solchen Empfehlungen angehängt.

Natürlich helfen euch sicher erfahrene Imker: innen in den Ortsvereinen bei der „Problemlösung“.  Es gibt jedoch kein Patentrezept für dieses leidsame Phänomen.

Also, ihr seid nicht allein😉!  Nicht verzweifeln!

Imkerliche Grüße

WL Pinzger Martina, Fachreferentin für Bienenprodukte und Honig des VIV

WL Buchner Peter, Fachreferent Tracht des VIV 

 

Quellen und Links zu den verschiedenen Handlungsempfehlungen:

https://www.lwg.bayern.de/bienen/produkte/084013/index.php

https://www.waldtracht.info/melezitosehonig-was-tun/

https://www.bienenundnatur.de/imkerpraxis/honig/melezitose-was-tun-bei-zementhonig-617

https://www.agroscope.admin.ch/agroscope/de/home/themen/nutztiere/bienen/bienenhaltung/melezitose.html

https://bienenzeitung.ch/zementhonig-in-den-waben-wie-weiter/#:~:text=Zementhonig%20%E2%80%93%20auch%20Melezitosehonig%20genannt%20%E2%80%93%20stammt,den%20zuckerhaltigen%20Honigtau%20wieder%20aus